Ja kann es denn so schwer sein? In diesem Gastbeitrag formuliert der Berlin Comedian Ivan Thieme seinen Gedanken zum schweren Start als Stand-Up Comedian. Acht Monate steht er jetzt schon auf der Bühne und erinnert sich noch gut an seinen ersten Auftritt.
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„Es kann doch nicht so schwer sein ein paar Leute zum Lachen zu bringen?“
Mit dieser Einstellung habe ich mich für meinen ersten Auftritt bei einer Comedy Open-Stage im Juni 2015 beworben. Ich weiß nicht genau was mich eigentlich dazu getrieben hat auf die Bühne zu gehen. Ich habe mir immer gesagt, das ich Stand-Up Comedy mal ausprobieren möchte, habe es aber immer wieder in die Zukunft geschoben. Das Abitur wurde geschrieben, ich hatte auf einmal Zeit und es gab nun keine Ausreden mehr. Und zu verlieren auch nichts.
Nach einiger Recherche entschied ich mich zur Open Stage in den Kookaburra Comedy Club in Mitte zu fahren. Da kann jeder einfach auftreten, egal ob Comedy, Theater oder Dildo-Jonglage. Nun stand ich also da. Zum ersten mal auf der Bühne, die Scheinwerfer bledenten mich und konnte gerade so die hoffnungsvollen Gesichter meiner Freunde erkennen. Die Hoffnung verwandelte sich schnell in fremdschämende Blicke zu Boden. Kurz gesagt: der Auftritt wahr schrecklich. Ich hatte sieben Minuten Zeit, war jedoch schon nach drei Minuten fertig.
Schwindelig und adrenalingeladen kam ich von der Bühne und konnte noch nicht fassen was gerade passiert war.
Ich war komplett gebombt.
Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich komplett keine Ahnung von Struktur und Rhythmus für Witze hatte.
Ich setzte mich zurück zu meinen Freunden und schwieg den Rest der Show. Als alles zuende war, sprach ich mit den anderen Comedians und die meinten, dass ich bloß nicht aufhören sollte. Auch wenn das heute der komplette Reinfall war. Ich war wirklich positiv überrascht von dem Support. Und ich würde lügen wenn ich sagen würde, daß diese Worte mich nicht angetrieben hätten weiter zu machen.
Mir gefällt das Konzept etwas zu erschaffen, das andere Menschen glücklich macht. Stand-Up Comedy ist eine sehr pure Art der Unterhaltungsform – es gibt nur dich, deine Witze und das Publikum.
Wenn die Menschen nicht lachen, dann ist das ganz und allein deine eigene Schuld und es liegt an dir selbst die Fehler zu finden und zu verbessern.
Zeit ist eine sehr wichtige Sache in der Welt von Stand up Comedy, wenn nicht sogar das Wichtigste. Man muß für sich selbst entscheiden, ob es einem Wert ist, die Zeit zu investieren, die nötig ist, um sich als Künstler weiter zu entwickeln. An machen Tagen habe ich das Gefühl zu stagnieren. Nach schlechten Auftritten stelle ich mir oft die Frage, ob das hier wirklich der richtige Weg für mich ist. Aber ich habe das Gefühl, dass diese Phasen notwendig sind und man hier am meisten über sich lernt.
Berlin ist eine unglaubliche tolle Stadt, um mit Stand-Up Comedy anzufangen, aber das war nicht immer der Fall.
Mich hat es sehr überrascht zu hören, dass sich sowohl die englische als auch die deutsch Szene erst in den letzten Jahren so richtig entwickelt hat. Man hat heute die Chance sogar mehrere Auftritte an einem Abend zu bekommen, es gibt also keinen Kampf um Spots in den Shows, das sorgt generell für eine angenehme Stimmung.
Ich fühle mich in der jetzigen Situation sehr wohl, man geht von Open-Stage zu Open-Stage und versucht etwas zu kreieren was das Publikum einerseits zum Lachen bringt und im besten Fall sogar zum Nachdenken anregt.
Persönlich bin ich mir jetzt schon sicher, das es die richtige Entscheidung war mit Stand-Up Comedy anzufangen, obwohl ich weiß das ich als Comedian nicht mal ansatzweise an meinem Limit angekommen bin. Ich hoffe, dass es da noch viel weiter geht. Doch Hoffnung allein reicht nicht aus, es ist vor allem Zeit, Enthusiasmus und Durchhaltevermögen, das man braucht, um sich selbst zu beweisen, zu was man in der Lage ist. Das gilt nicht nur für Comedy, sondern auch für die meisten andere Sachen im Leben. Es geht jedoch einfacher, wenn man etwas tut, was man liebt. Und in meinem Fall ist das Stand-Up Comedy.
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Ivan Thieme ist 20 Jahre alt und lebt und performt in Berlin. Er kommt ursprünglich aus der Ukraine und kam im Alter von 9 Jahren nach Deutschland. Durch das Fernsehen hat er viele deutsche Comedians kennengelernt und weil Comedy bis dahin für ihn ein unbeschriebenes Blatt war, dachte er diese Comedians seien das Maß aller Dinge. In der Oberstufe hat er dann zufällig englische Stand-Up Comedy endeckt, verfiel sofort den unzählige Comedy Specials auf YouTube und sog förmlich alles wie ein Schwamm in sich auf.
Kontaktieren könnt ihr Ivan auf Facebook und hier ist ein Video von einem seiner Sets bei der KussKuss Komedy Open-Stage in Berlin Neukölln:
Michael Timm
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